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Laudatio auf den Transit Verlag

Von Gerrit Schooff, Mitglied der Jury des Berliner Verlagspreises 2024

Ich freue mich sehr, dass ich im Namen der Jury einen der Berliner Verlagspreise an den Transit Verlag vergeben darf!

Begonnen hat alles am 1. April 1981 in den West-Berliner Mehringhöfen. Dass der Verlag nicht als Aprilscherz gedacht war, wurde mit den ersten verlegten Büchern klar. Das erste Buch war eine Hommage an die damals in weiten Teilen West-Berlins verpönte S-Bahn, garniert mit schönen Fotos vom Verfall und unterlegt mit einem irritierenden Text von Uwe Johnson. Dazu kam ein kontroverses Buch zum Thema Hausbesetzungen. Das erste Verlagsjahrzehnt war geprägt durch kulturgeschichtliche Texte über das Heulen, den Schluckauf, das Rauchen, das Akkordeon, die Vespa oder die Erfindung des Films – Bücher, die alltägliche Gegenstände oder Phänomene historisch hinterfragten und mit aufregenden und kuriosen Dokumenten und Fotos ausgestattet waren. Daneben erschienen aber auch schon Biographien, vor allem von deutschen Juden, die mit viel Glück und Geschick der geplanten Vernichtung entkommen konnten.

Die Zeit ab 1989 war für den Verlag wie für Stadt und Land eine Zeit des Umbruchs. Der Verlag entwickelte einen weiteren Schwerpunkt: ein interessantes belletristisches Programm. Anfangs getragen von Autorinnen und Autoren, die in der DDR gelebt hatten und dort nicht – oder nur zensiert – publizieren konnten: Heinz Knobloch, Peter Wawerzinek, Jutta Voigt, Ines Geipel. Dazu kamen Briefbände von Uwe Johnson, Texte von Imre Kértesz, George Grosz, F.C. Delius, Irina Liebmann und Wolfgang Hilbig.

Spätestens seit den 00er Jahren zeichnet sich der Verlag auch durch das Erschließen neuer Sprach- und Kulturräume aus. Hier kann der Leser Entdeckungen machen, die er bis dahin woanders wenig oder gar nicht machen konnte. Angefangen mit den Romanen von Maria Barbal aus dem Katalanischen und »Die Piroge« von dem senegalesischen Autor Abasse Ndione, gefolgt von Büchern aus Albanien und Nigeria bis zu der letzten Entdeckung, den Büchern des phillipinischen Autors Jose Desilay »Killing Time in a Warm Place« und »Last Call Manila«. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung des Buches »Wir Sklaven von Suriname« von Anton de Kom. Einem der ersten und wichtigsten Antikolonialen Texte aus dem Jahre 1934.

Die großen Traditionslinien des Verlages werden aber auch bis in die Gegenwart fortgesetzt. Ungewöhnliche (Auto-)Biographien zum Beispiel von Peter Wawerzinek und Nicolaus Sombart), Kulturgeschichten wie die »Die Schocken Villa«, »Hannah Höchs Adressbuch«, »Der Gute Russentisch« und zuletzt »Ein Haus schreibt Geschichte – Mommsenstr. 6«.

Wie auch schon in den Vorjahren müssen und wollen wir auch dieses Jahr die besondere Bedeutung der Verlegerinnen und Verleger für die unabhängigen Verlage hervorheben. Beim Transit Verlag sind dies Gudrun Fröba und Rainer Nitsche. Sie haben die Idee des Verlages entwickelt und diesen durch Höhen und Tiefen mehr als vierzig Jahre erfolgreich in der Buchwelt platziert.

»Rainer Nitsche, geboren in Swinemünde, wurde in jungen Jahren nach Berlin gelockt und bereut das bis auf den heutigen Tag; so oft er kann, flieht er nach Franken.« So steht es im Abspann einer Berlin-kritischen Anthologie. Vielleicht kann ja die heutige Würdigung dem etwas entgegensetzen. Dort in Franken und natürlich auch in Berlin grübelt seine Frau und Mitverlegerin Gudrun Fröba, über das Layout und die Umschlaggestaltung der Bücher, dass sie so unverkennbar macht wie auch das elegante, schlanke Format, in dem viele Bücher des Transit Verlags daherkommen und die so von einem unverkennbaren Wiedererkennungswert geprägt sind.

Liebe Gudrun Fröba, lieber Rainer Nitsche, Euch und allen anderen Mitstreiterinnen und Mitstreitern des Transit Verlags ist es gelungen, seit über 40 Jahren einen Verlag mit Leben zu füllen, der sich durch sorgfältig hergestellte und stets lesenswerte Bücher auszeichnet! Im Namen Eurer Leser danken wir dafür und gratulieren von Herzen zum Berliner Verlagspreis 2024!