Berliner Verlagspreis 2020

Der Berliner Verlagspreis wurde am 24. November 2020 zum dritten Mal gemeinsam von den Berliner Senatsverwaltungen für Kultur und Europa sowie Wirtschaft, Energie und Betriebe verliehen. Die festliche Preisverleihung fand im Rahmen einer Sondersendung auf radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) statt. Diese können Sie hier nachhhören.

Im Uhrzeigersinn: Britta Jürgs, AvivA Verlag; Ilona Bubeck und Marc Lippuner, Querverlag; Peter Walter und Anja Tuckermann, Edition Orient (Fotos: Tim Holland)

Die Preisträger

Großer Berliner Verlagspreis 2020: AvivA Verlag

»Der Große Berliner Verlagspreis geht dieses Jahr an den AvivA Verlag. AvivA ist ein hebräischer, weiblicher Vorname und bedeutet ›Frühling‹. Vor 23 Jahren, im Frühling des Verlages, begann die Kunsthistorikerin und Literaturwissenschaftlerin Britta Jürgs ein Verlagsprogramm zu entwickeln, das die Jury heute, viele Bücher weiter, durch sein Profil, seine Vielfalt, Kontinuität und Konsequenz überzeugt hat. Der Verlag widmet sich damals wie heute weiblichen Stimmen, Autorinnen und Biographien. Er gräbt vergessene Texte aus und macht sie wieder oder erstmalig zugänglich. Autorinnen der 20er und 30er Jahre vor allem, häufig jüdische Autorinnen. So finden sich im Verlagsprogramm Autorinnen wie Ruth Landshoff-Yorck oder Lili Grün beispielsweise, Bücher über oder von Dramatikerinnen, Architektinnen, Schriftstellerinnen, überhaupt Künstlerinnen jeder Couleur. Aber auch Reiseberichte wie etwa der der Journalistin Nelly Bly oder, erst in der letzten Zeit erschienen, die Reiseberichte der deutschsprachigen Journalistin aus dem heutigen Slowenien Alma M. Karlin. Um die 80 Titel sind zur Zeit im Verlag lieferbar, die im Lauf von 23 Jahren mit Kenntnis, Entdeckerfreude und viel Enthusiasmus vorgelegt wurden. Außerdem erscheint im Verlag zweimal jährlich »Virginia«, eine Zeitschrift für Frauenbuchkritik. Übrigens schafft Britta Jürgs es auf hervorragende Weise, und weitgehend in einem bewunderungswürdigen Alleingang, mit viel Engagement und ansteckender Begeisterung ihr Programm dem Buchhandel und den Leserinnen und Lesern nahezubringen. Auch das ist ja ein Kriterium für diesen Preis. Mögen also noch viele Entdeckungen im AvivA Verlag auf uns warten.«

Aus der Laudatio von Jury-Mitglied Ruth Klinkenberg

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Berliner Verlagspreis 2020: Edition Orient

»Ein sympathischeres, notwendigeres Programm wie das der Edition Orient kann man sich in diesen Zeiten gar nicht vorstellen. Dieser kleine Verlag wurde 1980 bereits gegründet. Stephan Trudewind, der gegenwärtige Verleger, hat ihn in die modernen Zeiten geführt, in denen das Miteinander von Menschen aus verschiedenen sprachlichen, ethnischen und religiösen Kulturen in Deutschland eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber wie wir alle wissen und jeden Tag sehen können, immer noch nicht ist. Deshalb müssen Verlage wie die Edition Orient gefördert werden, und deshalb bekommt dieser Verlag auch den Berliner Verlagspreis.«

Aus der Laudatio von Jury-Mitglied Heinrich von Berenberg

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Berliner Verlagspreis 2020: Querverlag

»Vor 25 Jahren haben Jim Baker und Ilona Bubeck den ersten schwul-lesbischen Verlag Deutschlands gegründet und ihn Querverlag genannt. Es ist bis heute ein einzigartiges Unterfangen in der deutschsprachigen Verlagsgeschichte. Einen Verlag überhaupt zu gründen, ist zumeist ein mutiger, um nicht zu sagen ein waghalsiger Schritt. Es ist nicht leicht, die eigene Leidenschaft für Bücher, sei es für Literatur oder für gesellschaftsrelevante Themen, auch in wirtschaftlichen Erfolg zu verwandeln. Dies wird auch nicht einfacher, wenn ein Verlag sich gegen den Mainstream entscheidet, sich explizit dafür entscheidet, Bücher aus der schwul-lesbischen Community zu veröffentlichen. Dass es den Querverlag nach wie vor gibt, grenzt jedoch nicht an ein Wunder, sondern beweist, dass Idealismus, Sehnsucht nach anderer Perspektive und politische Notwendigkeit zielführend sein können. Insbesondere das Wissen der beiden Verleger_innen, ihren guten Instinkt für Texte und Autor_innen, ihre Disziplin (wahrscheinlich bis hin zur Selbstausbeutung) und auch ihr Händchen fürs Geschäft. Mit der Auszeichnung des Querverlags mit dem Berliner Verlagspreis feiert Berlin also Jim Baker und Ilona Bubeck, ihre damalige Entscheidung, ihr unermüdliches Tun sowie ihre Autor*innen und Bücher, denn sie bereichern unsere Gesellschaft.«

Aus der Laudatio von Jury-Mitglied Kristine Listau

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Der Preis

Der Berliner Verlagspreis wird seit 2018 gemeinsam von den Berliner Senatsverwaltungen für Kultur und Europa sowie Wirtschaft, Energie und Betriebe verliehen. Vergeben wird der Große Berliner Verlagspreis, der mit 35.000 Euro dotiert ist, sowie zwei Berliner Verlagspreise über jeweils 15.000 Euro. Die drei weiteren Verlage der Shortlist, die am 8. Oktober 2020 veröffentlicht wird, erhalten eine Anerkennung in Höhe von 1.000 Euro. Mit dem Berliner Verlagspreis werden Verlage ausgezeichnet, deren Publikationen aus dem Mainstream (nicht nur) der Berliner Verlagslandschaft im besten Sinn des Wortes herausragen.

Die Shortlist

»Ein Lichtblick in Corona-Zeiten! 71 unabhängige Verlage haben sich für den Berliner Verlagspreis 2020 beworben, Neugründungen sowie Verlage, die längst über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sind. Vielfalt und Bibliodiversität zeichnen die Verlagsmetropole Berlin aus – auch in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Für uns als Jury war es eine Herausforderung, sechs Verlage für die Shortlist zu nominieren, die wir mit Freude und in Respekt für die Leistung der vielen großartigen Berliner Verlage angenommen haben.«

Statement der Jury

AvivA Verlag

Edition Orient

hochroth Berlin

Querverlag

Secession Verlag

Verlag Das kulturelle Gedächtnis

Die Bewerbung

Die Bewerbungsfrist für den Berliner Verlagspreis endete am 31. Juli 2020. Für den Berliner Verlagspreis 2020 konnten sich Verlage mit einem Umsatz bis zu zwei Millionen Euro bewerben. Es gilt hierfür jeweils der Umsatz des Vorjahres. Der Berliner Verlagspreis wird ausschließlich an Verlage mit einem Berliner Firmensitz vergeben. Von der Verleihung ausgeschlossen sind Verlage, die sich mehrheitlich im Besitz einer größeren Verlagsgruppe befinden – es sei denn, diese Verlagsgruppe erwirtschaftet insgesamt einen Umsatz von unter zwei Millionen Euro. Auch Verlage, die ausschließlich E-Books oder Hörbücher produzieren, sind ausdrücklich eingeladen, sich zu bewerben.

Die Jury

Heinrich von Berenberg

Berenberg Verlag

Prof. Andreas Degkwitz

Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin

Ruth Klinkenberg

Marga Schoeller Bücherstube

Nadine Kreuzahler

Kulturredakteurin beim rbb

Kristine Listau

Verbrecher Verlag

Kat Menschik

Illustratorin

Caca Savic

Autorin, Mitglied im Netzwerk Freie Literaturszene Berlin